Freitag, 15. März 2024

Frühmesse am Sonntag

Soll ich, muss ich etwas sagen, sie ansprechen? Die Frau kommt regelmäßig zu spät zur Messe. Meist während der Predigt. Ich höre die Kapellentür und muss mich gar nicht umdrehen, um zu wissen, dass sie jetzt da ist. Öfter habe ich mich schon gefragt, wie wohl ihr Leben aussehen mag. Am vergangenen Sonntag hatte ich dann den Eindruck, nachdem ich die Bewegung der Tür gehört hatte, auf einmal auch Alkoholgeruch wahrzunehmen. Kann es sein? Bilde ich mir das ein? Hatte ich nicht schon manchmal ein komisches Gefühl im Blick auf die Frisur der Frau, wenn sie nach vorn zum Kommunionempfang geht? Nicht dass sie verwahrlost wäre, nein, aber… Nach der Messe ist sie schnell verschwunden. Ich habe noch nie ein Wort mit ihr gewechselt. Müsste ich…?

Zum zweiten Mal fiel mir jetzt auch die junge Asiatin auf, weil sie die ganze Messe hindurch gut hörbar die Nase hinaufzog. Ich gebe zu, es war etwas anstrengend. Und ich hatte tatsächlich schon überlegt, ihr ein Papiertaschentuch anzubieten. Dann fiel mir Kai Strittmatters „Gebrauchsanweisung für China“ ein, in der ich vor kurzem geblättert hatte. Er schreibt darin sinngemäß, dass Chinesen es ganz furchtbar finden, wenn ein Europäer sein Taschentuch nach dem Schnäuzen wieder in die Hosentasche steckt. Was ich während der Messe getan habe. Oh je! Wie mag es der Asiatin mit mir gegangen sein? Also ich lasse das mit dem Taschentuch-Angebot bleiben und versuche mich auf das Geschehen vor mir zu konzentrieren.

Außer uns dreien sind noch ein paar wenige andere Menschen da. Zwei Männer, die wohl beide älter als ich sind und die mir wegen ihrer sportlichen Kleidung auffallen.

Und drei oder vier junge Frauen, die wie ich gehört habe, zu einem Säkularinstitut gehören.

Wir – die bisher Genannten – sind auf der einen Seite, sozusagen im „Hauptschiff“ der Kapelle und blicken auf den Altarraum vor uns. Von uns aus gesehen auf der linken Seite des Altars ist der mit einem nicht sehr engmaschigen Gitter abgetrennte Bereich der Klarissen-Schwestern, in deren Kloster wir zu Gast sind. Sie öffnen ihre Kapelle für uns „von außen“ und dieser Gottesdienst wird auch in der Gottesdienstordnung der benachbarten Pfarrei aufgelistet.

Die Klarissenschwestern sind ältere Damen, was einen besonderen akustischen Effekt mit sich bringt, da es in den beiden Bereichen des Gottesdienstraumes unterschiedliche Sprechgeschwindigkeiten gibt. Wir im Hauptschiff der Kapelle beten die gemeinsamen Gebete meist etwas flotter und hören dann aus dem Schwesternbereich ein Echo wie aus dem Off. So dass wir etwa beim Sprechen des Glaubensbekenntnisses auch schon einmal „pausieren“, um die Schwestern nachkommen zu lassen.

Als Zelebranten dieser Sonntagsmesse kommen Priester aus dem nicht weit entfernten Generalat der Steyler Missionare. Was Weltkirche auf kleinem Raum erfahren lässt. Ziemlich regelmäßig zelebriert ein slowakischer Steyler Missionar, aber dann auch wieder einmal ein Afrikaner oder ein Asiate. Es macht Freude, die Eigenheiten der einzelnen wahrzunehmen. Wenn einer der Afrikaner z.B. den Einleitungsdialog des Eucharistischen Hochgebetes spricht, dann klatscht er an der Stelle „Lasset uns danken dem Herrn unserem Gott“ leise mit seinen Händen. Bei einem oder zwei Indern dagegen fiel mir auf, dass sie anstatt zu Beginn der Eucharistie den Altar zu küssen, diesen mit der Stirn berühren und anschließend ihre Hände zur Stirn führen.

Sehr aufmerksam sind die Schwestern im Hinblick auf die äußere Gestaltung, so gab es z.B. am vergangenen Sonntag „Laetare“ eine Blume vor dem Altar, während natürlich ansonsten in der Fastenzeit auf Blumenschmuck verzichtet wird. Kleine Details…

Donnerstag, 29. Februar 2024

Alois G. & Alois K.

Wieder einmal habe ich es genossen, das „Politiker-Derblecken“ auf dem Nockherberg gestern Abend. Einfach herrlich, wie da auf verschiedene Weise Landes- und Bundespolitikern der Spiegel vorgehalten wird. Und gleichzeitig macht mir die Veranstaltung auch das Fehlen von Politiker-Persönlichkeiten wie Alois Glück deutlich. Er starb am 26. Februar. Ich konnte ihm in seiner Heimat begegnen, weil ich ein halbes Jahr Dienst in Traunreut tat. Dort hörte ich ihm einmal bei einem Vortrag zu und das gefiel mir nicht nur inhaltlich, sondern auch in der Art, wie Alois Glück mit seinen Landsleuten redete. Ich hatte den Eindruck, diese hörten ihm respektvoll zu. Alois Glück „musste“ dann auch mir einmal zuhören, bei einer Sonntagspredigt in seiner Heimatgemeinde Traunwalchen. Ich freute mich, den zu dieser Zeit Vorsitzenden des ZdK unter den Mitfeiernden der Messe zu sehen, obwohl es mich zugegebenermaßen auch ein wenig nervös machte. Ein feiner Mensch! Ähnlich muss es Birgit Mock empfunden haben, die aktuelle Vizevorsitzende des ZdK. Bei einem Vortrag in Rom hörte ich sie von einem Ratschlag sprechen, den ihr Alois Glück gegeben hatte, und ich hatte den Eindruck, dass sie davon mit dankbarer Freude erzählte.

Was meiner Ansicht nach Alois Glück mit Alois Kothgasser verbindet ist die Unaufgeregtheit, diese Haltung wurde hin und wieder als typisch für Kothgasser benannt. Und auch ich durfte den am 22. Februar verstorbenen früheren Erzbischof von Salzburg so erleben. Von 2003 an war er zehn Jahre lang Erzbischof dort, also sechs Jahre hindurch in gewisser Weise auch mein „Chef“. An verschiedene Begegnungen mit ihm denke ich zurück.

So hatte ich ihn als Rektor von Maria Hilf in Kufstein-Kleinholz einmal zum monatlichen Fatimatag eingeladen und er hatte zugesagt. Wenn der Erzbischof kommt, dann muss natürlich auch der Bürgermeister eingeladen werden. Auch das hatte ich getan, allerdings dann keinen Platz für diesen reserviert. Er kam spät zur Messe und musste sich deswegen mit einem Platz auf einer der vor der Kirche aufgestellten Bierbänke begnügen. Mir schien, dass Erzbischof Alois „den Bürgermeister da draußen“ mit einem leichten Schmunzeln begrüßte, was die eventuelle Peinlichkeit etwas abmilderte.

Einmal erzählte ich dem Erzbischof, wie es mir mit seinen Salesianer-Mitbrüdern in Indien ergangen war. Ich hatte unsere Studenten in Bangalore besucht und sie auch zu ihren Vorlesungen begleitet. Während mich die Karmeliten und die Redemptoristen problemlos in den Vorsaal ließen, um mir eine Vorlesung anzuhören, wurde mir in der Salesianer-Fakultät der Zutritt verweigert. Beide mussten wir schmunzeln, Erzbischof Alois und ich, als ich ihm diese Geschichte erzählte.

Einmal kam er zur Firmung nach Parsch, der Salzburger Pfarre, in der ich drei Jahre lang Pfarrer war. Am Ende der Feier sagte er den Firmlingen sinngemäß Folgendes: „Also, wenn Ihr mir später, in einigen Jahren vielleicht, irgendwo begegnet, dann sprecht mich ruhig an und sagt mir: `Herr Erzbischof, Sie haben mich damals in Parsch gefirmt´. Dann freue ich mich und werde Euch fragen: `Und wie lebst du denn jetzt mit dem Hl. Geist? ´“ . Diesmal war ich der Schmunzelnde und dachte: „raffiniert der Erzbischof. So kann er wohl verhindern, dass ihn einer der ehemaligen Firmlinge anspricht“. Ich gebe aber zu, dass mir diese Frage seitdem nachgeht und ich sie mir selbst hin und wieder stelle: „wie lebe ich denn mit dem Hl. Geist?“

Am 9. März um 10.00 Uhr findet das Begräbnis von Erzbischof Alois Kothgasser im Salzburger Dom statt.

Ich bin dankbar für das Leben meiner beiden prominenten Namensvettern.